Von Helfern, Helden und Halunken

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Knapp einen Monat liegt die Krawallnacht zurück, in der hunderte feierwütige Menschen die Stuttgarter Innenstadt terrorisierten. Ähnliche Vorfälle gab es zuletzt auch in Frankfurt, wo in der Nacht auf den 18. Juli eine Massenschlägerei eskalierte. Die Polizei kann inzwischen erste Ermittlungsergebnisse vorweisen – steht aber für ihre vermeintlich rassistischen Methoden scharf in der Kritik. Ist das Vorgehen der Behörden berechtigt?

Eingeschlagene Fensterscheiben, fliegende Steine und geplatzte Lippen. Nach der Krawallnacht auf den 21. Juni gab es Verletzte auf beiden Seiten. Großen Schaden nahm allerdings auch die Reputation der Polizei. So warfen fragwürdige Ermittlungsmethoden, wie beispielsweise die „Stammbaumrecherche“ oder das sogenannte „Racial Profiling“ viele kritische Fragen auf. Eine davon lautet: Gibt es Rassisten unter den Beamten? Eine entsprechende Untersuchung des Polizeiapparats hielt Innenminister Horst Seehofer (CSU) bislang für unnötig. Rassistische Ermittlungsmethoden verböten sich per se und seien kein Teil des polizeilichen Vorgehens. Doch die ersten Ermittlungsergebnisse aus der Stuttgarter Krawallnacht wecken Zweifel unter den Kritikern.

Was haben die Ermittlungen bisher gezeigt?

Zwar waren Medienberichten zufolge über 100 Personen an den Krawallen beteiligt, konkret liegen der Polizei inzwischen lediglich zu 50 davon konkrete Daten vor. Davon waren 33 bereits vor der besagten Nacht polizeilich bekannt, meist durch Delikte wie Diebstähle, Drogen oder Körperverletzung. 35 Personen sind laut Polizei noch unter 21, knapp die Hälfte davon noch nicht einmal volljährig. Nur 17 Personen standen zuvor noch in keinem Kontakt zur Polizei. Den traurigen Rekord hält ein deutscher Tatverdächtiger, der den Behörden zuvor über 40-mal aufgefallen war. Insgesamt befinden sich unter den bislang ermittelten Verdächtigen 8 Personen ohne Migrationshintergrund und mit deutscher Staatsangehörigkeit. Weitere 20 Personen verfügen nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie stammen aus Ländern wie Nigeria, Afghanistan, dem Irak, Portugal, Kroatien, Griechenland, Bosnien-Hercegovina, Polen, Rumänien, Marokko, Somalia und Lettland. Doch wieso ist das wichtig?

Wieso betreibt man „Stammbaumrecherche“?

Bei dem Wort „Stammbaumrecherche“ handelt es sich um einen sehr kontroversen Begriff, was nicht zuletzt in der NS-Vergangenheit Deutschlands gründet. So wurden Menschen im Dritten Reich aufgrund ihrer Herkunft kriminalisiert und systematisch verfolgt. Von Seiten der Polizei wird die Nutzung des Begriffs konsequent dementiert. Auch musste sich die Polizei in der Vergangenheit mit dem Vorwurf des sogenannten „Racial Profiling“ auseinandersetzen. Hierbei würden Menschen aufgrund äußerer Merkmale besonders oft oder besonders streng von der Polizei kontrolliert.

Untersucht die Polizei einen minderjährigen mutmaßlichen Straftäter, ist es grundsätzlich gestattet, dessen Herkunft und Familienverhältnisse zu ermitteln. Dies dient letzlich zum Festlegen des Strafmaßes. So ging es beispielsweise in einigen Fällen aus der Stuttgarter Krawallnacht um mutmaßlichen Landfriedensbruch. Der Kriminologe Thomas Feltes hält es laut eines Berichtes der Zeit jedoch für eine fragwürdige Praktik, die nicht Gegenstand regulärer polizeilicher Ermittlungen ist, und die nur dann gestattet werden sollte, wenn eine Anklage wahrscheinlich ist. Im Moment ist keine richterliche Anordnung notwendig, damit die Polizei sich Informationen zur Herkunft von den Standesämtern erfragen kann. Allerdings spielen bei derlei Anfragen nicht nur die Herkunft, sondern auch das soziale Umfeld und die familiäre Situation eine Rolle. Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobel (CDU) äußerte sich auf einer Pressekonferenz dazu wiefolgt: „Die Feststellung der Lebens- und Familienverhältnisse ist ein Teil der polizeilichen Ermittlungen. Insofern stehe ich auch in diesem Punkt zur Arbeit und hinter unserer Polizei“. 

Gibt es Rechtsextremismus unter Polizisten?

Durch die jüngsten Vorfälle von Polizeigewalt in den Staaten steht die Polizei weltweit im besonderen Fokus. Auch in Deutschland gibt es begründete Sorgen in Bezug auf die Neutralität der Polizei. Grund dazu liefern unter anderem die mysteriösen Drohschreiben des „NSU 2.0“, welche zum Teil Informationen nutzten, die vermutlich den internen Daten der Polizei entnommen waren. Es ist also davon auszugehen, dass es zumindest einzelne Individuen unter den Beamten gibt, die mit rechtem Gedankengut sympathisieren.

Da die Polizei einen Querschnitt der Gesellschaft darstellt, ist es nur natürlich, dass hinter manch einer Uniform auch ein Mensch mit extremer Gesinnung steckt. Es obliegt daher der Verantwortung der Behörden, durch entsprechende Maßnahmen dafür zu Sorgen, dass problematische Fälle frühzeitig erkannt und entsprechend aufgearbeitet werden. Umso transparenter der Polizei-Apparat, desto weniger Platz haben gefährliche Ideologien.

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